Das Prandtl-Rohr dient der Messung des dynamischen Drucks. Hieraus kann die Strömungsgeschwindigkeit relativ zum Staurohr bestimmt werden.

Staudruck und Staupunkt

Trifft eine Strömung auf eine Platte oder auf einen anderen Gegenstand, dann wird das Fluid offensichtlich abgebremst. Dieser Vorgang ist mit einer Druckerhöhung verbunden, da der dynamische Druck (verknüpft mit der kinetischen Energie) in zusätzlichen statischen Druck umgewandelt wird. Die gemessene Druckerhöhung beim Aufstauen des Fluids an einem Gegenstand entspricht insofern gerade dem dynamischen Druck. Deshalb wird der dynamische Druck auch als Staudruck bezeichnet, da dieser durch Aufstauen des Fluids bestimmt werden kann. Der Punkt, an dem das Fluid an einem Gegenstand zum Stillstand kommt, wird als Staupunkt bezeichnet.

Der dynamische Druck wandelt sich beim Aufstauen eines Fluids in einem Staupunkt in zusätzlichen statischen Druck um und wird deshalb auch als Staudruck bezeichnet!

Grafisch befindet sich der Staupunkt dort, wo eine Stromlinie senkrecht auf die Oberfläche des Gegenstandes trifft und somit (theoretisch) vollständig abgebremst wird. Aufgrund der Brownschen Wärmebewegung werden die Fluidteilchen in der Praxis früher oder später aus dem Staupunkt diffundieren und wieder um den Gegenstand beschleunigt werden. Auf mikroskopischer Ebene ist also die Aufstauung der Fluidteilchen nur von kurzer Dauer.

Staupunkt und Staudruck an der Tragfläche eines Flugzeugs
Abbildung: Staupunkt und Staudruck an der Tragfläche eines Flugzeugs

Da der Staudruck direkt mit der kinetischen Energie und damit der Strömungsgeschwindigkeit verknüpft ist, kann durch Messung des Staudrucks auf die Strömungsgeschwindigkeit geschlossen werden. Die Strömungsgeschwindigkeit ist dabei relativ zu betrachten. Denn letztlich kann man auch ein Gegenstand durch ein ruhendes Fluid bewegen. Der gemessene Staudruck entspricht dann der Geschwindigkeit des Gegenstandes relativ zum Fluid. Dieses Prinzip nutzt man bei Flugzeugen zur Messung der Fluggeschwindigkeit gegenüber der umgebenden Luft (Fahrtmesser).

Der Staudruck ist ein Maß für die Strömungsgeschwindigkeit eines Fluids relativ zum Gegenstand, an dem die Strömung aufgestaut wird!

Aus dem allgemeinen Zusammenhang zwischen Totaldruck ptot, statischem Druck psta und dynamischem Druck pdyn, ergibt sich folgende Berechnungsformel für die Strömungsgeschwindigkeit:

\begin{align}
&p_\text{tot} = p_\text{sta} + p_\text{dyn} \\[5px]
&p_\text{tot} = p_\text{sta} + \frac{1}{2} \rho \cdot v^2 \\[5px]
&\boxed{v=\sqrt{\frac{2\left(p_\text{tot}-p_\text{sta}\right)}{\rho}}} \\[5px]
\end{align}

Messung des Staudrucks

Zur Bestimmung des Staudrucks wird zunächst der Gesamtdruck am Staupunkt gemessen, d.h. der statische Druck, der nach vollständiger Abbremsung des Fluids vorhanden ist (dieser statische Druck in der ruhenden Luft darf nicht mit dem statischen Druck in der freien Strömung verwechselt werden!). Hierzu wird lediglich ein einseitig geöffnetes Rohr in das strömende Fluid gehalten. Im Rohr verzögert das Fluid bis zum Stillstand (Staupunkt). Der dort vorhandene Druck entspricht somit dem Gesamtdruck. Dieser Gesamtdruck wird der Luft im Inneren des Rohres aufgeprägt. Ein solches Rohr zur Messung des Gesamtdrucks wird auch als Pitot-Rohr bezeichnet.

Funktionsweise eines Prandtl-Rohrs
Abbildung: Funktionsweise eines Prandtl-Rohrs

Zur Bestimmung des dynamischen Drucks in der Strömung, muss vom Gesamtdruck nun der statische Druck im strömenden Fluid abgezogen werden. Diese Druckdifferenz kann direkt physikalisch erzeugt bzw. sichtbar gemacht werden. Anschaulich kann man hierzu ein mit Flüssigkeit gefülltes U-Rohr nutzen. Die eine Seite ist dabei mit dem Pitot-Rohr verbunden. Die Öffnung der anderen Seite wird senkrecht zum strömenden Fluid angebracht. Auf diese Weise wird das Fluid über der Öffnung nicht abgebremst und prägt dieser Seite somit lediglich den statischen Druck in der Strömung auf.

Auf die Flüssigkeit im U-Rohr wirken nun zwei Drücke. Auf der einen Seite der Gesamtdruck der Strömung (Pitot-Rohr) und auf der anderen Seite der geringere statische Druck in der Strömung. Die Differenz beider Drücke hebt die Flüssigkeit nach oben. Der Höhenunterschied im Flüssigkeitsspiegel ist somit ein Maß für die Druckdifferenz und damit für den dynamischen Druck bzw. die Strömungsgeschwindigkeit! Das Pitot-Rrohr und das U-Rohr bilden also die Gesamteinheit zur Messung des Staudrucks. Eine solche Staudrucksonde bezeichnet man auch als Prandtlsches Staurohr (auch U-Rohr Manometer genannt).

Ein Prandtlsches Staurohr dient als Staudrucksonde der Messung des dynamischen Drucks und somit der Strömungsgeschwindigkeit!

Anstelle eines U-Rohres sind in heutigen Prandtl-Rohren die Kanäle zur statischen Druckmessung direkt in der Sonde eingearbeitet. Ein Drucksensor trennt in einer Kammer den Gesamtdruck vom statischen Druck. Das ausgegebene Messsignale des Sensors entspricht somit der Druckdifferenz und ist ein Maß für den dynamischen Druck bzw. die Strömungsgeschwindigkeit.

Prandtl-Rohr mit Drucksensor
Abbildung: Prandtl-Rohr mit Drucksensor
Prandtl-Rohr (Staudrucksonde)
Abbildung: Prandtl-Rohr (Staudrucksonde)